Neujahrsempfang 2023 der Wissenschaftsstadt Darmstadt

(ono)

Erstmals seit 2020 hatte die Wissenschaftsstadt Darmstadt jetzt wieder zum Neujahrsempfang geladen – in den beiden Vorjahren war der Empfang mit Rücksicht auf die Covid-19-Pandemie abgesagt worden. Der Einladung ins darmstadtium folgten am heutigen Sonntag, 15. Januar 2023, über fünfhundert Bürgerinnen und Bürger, darunter Vertreterinnen und Vertreter von Politik und Verwaltung, Wirtschaft, Wissenschaft, den Kirchen, Sport und Kultur.

Im Mittelpunkt der festlichen Veranstaltung stand die Neujahrsansprache von Oberbürgermeister Jochen Partsch. Sie kreiste um zwei Schwerpunkte: den brutalen Krieg gegen die Ukraine und den Klimawandel als den gravierendsten Herausforderungen unserer Zeit. In beiden Punkten ist entschlossenes Handeln aller nötig. Dass wir diese Krisen gemeinsam bewältigen können, daran ließ der Oberbürgermeister keinen Zweifel.

Mit deutlichen Worten sprach OB Partsch zunächst den von Russlands Präsident Waldimir Putin entfesselten Angriffskrieg gegen die Ukraine an. Partsch bezog sich auf den von Bundeskanzler Olaf Scholz geprägten Begriff der „Zeitenwende“ und führte dem Publikum vor Augen, in welchem Maß dieser Krieg nicht nur unendliches Leid in der Ukraine selbst nach sich zieht – und die größte Flüchtlingsbewegung in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg –, sondern auch als Angriff auf die gesamte Werteordnung des Westens geführt wird.

„Dieser Krieg ist ein Elend, eine Entzivilisierung, eine Barbarei, seit nunmehr 326 Tagen. Es ist ein Winter der Zermürbung, den die Menschen dort jetzt erleben und erleiden, und dabei beweisen sie bespiellose Tapferkeit“, sagte Partsch. „Wir müssen an der Seite der Ukraine stehen, bis sie diesen Krieg gewonnen hat.“

Das durch den Krieg ausgelöste Leid habe, so Partsch, große Empathie und Solidarität mobilisiert. Der OB erwähnte die enorme Hilfsbereitschaft für die unmittelbar vom Krieg betroffenen Menschen in der Ukraine und für die nach Darmstadt Geflüchteten. „Ich danke allen, die daran mitgewirkt haben – Bürgerinnen und Bürgern, ehrenamtlichen, Vereinen, Kirchen und Initiativen sowie den Beschäftigten in den Verwaltungen und der Stadtwirtschaft.“

Um die Herausforderungen, vor denen die Wissenschaftsstadt Darmstadt steht, erfolgreich angehen zu können, forderte OB Partsch „eine neue Ernsthaftigkeit“ ein, eine auf Argumente und Tatsachen gestützte Versachlichung der Debatten. Als „ethisches Problem der Stadtentwicklung“ identifizierte Partsch den Wunsch vieler, Darmstadt möge „so bleiben, wie es ist, denn so wie es ist, ist es gut“. „Aber Darmstadt entwickelt sich – die Stadt ist attraktiv“. Nicht nur die Einwohnerzahl sei gewachsen, auch die der sozialversicherten Arbeitsplätze: binnen weniger Jahre von 91 000 auf nunmehr 110 000. „All das wurde im Bestand ermöglicht, ohne Inanspruchnahme zusätzlicher Flächen der Natur. Die Stadt ist ökologischer und sozialer geworden; daraus erwächst neue wirtschaftliche Kraft.“

Den Clustern einer innovativen und an ökologischer Transformation ausgerichteten Ökonomie in der Wissenschaftsstadt Darmstadt stellte Oberbürgermeister Partsch „die Seele unserer Stadt“ gegenüber: „die Kultur“. Dank eines Kranzes von Kultureinrichtungen, die das „Versprechen der Innenstadt“ garantieren, ein Treffpunkt zu sein, ein Ort der Teilhabe, der Wissensvermittlung, des Lernens und der Mobilität. Zur Bilanz der enormen finanziellen Investitionen zählte der OB beispielhaft den Neubau des städtischen Kunstdepots und die 2023 zum Abschluss kommende Sanierung des Ausstellungsgebäudes auf der Mathildenhöhe – „würdig eines Welterbes“.

Kultur ist auch Erinnerungskultur. Partsch hob die Umbenennung Darmstädter Straßen hervor, um jene zu ehren, die sich mutig, klug und entschieden für Frieden, Recht und Freiheit eingesetzt haben. So wie der Hessische Generalstaatsanwalt Fritz Bauer, der die Auschwitzprozesse in Gang setzte und das Land so couragiert mit seiner aggressiven Vergangenheit konfrontierte.

„Es ist eine zweifellos schwierige Zeit“, sagte Partsch zum Schluss seines Rück- und Ausblicks. „Unser größter Wunsch zu Beginn dieses Jahres ist Frieden, Frieden für die Ukraine, Friede in Europa und überhaupt.“ Vor den Herausforderungen Krieg und Klimawandel stehend dürfe man den Mut nicht verlieren; „wir können und müssen als Gesellschaft Resilienz entwickeln und die Krise als Chance begreifen lernen. Darmstadt ist eine Stadt des Aufbruchs und der Moderne, und es gibt viele gute Gründe für die Menschen in dieser Stadt, mit Zuversicht in die Zukunft zu sehen.“

Musikalisch begleitet wurde der Neujahrsempfang vom KandinSky-Duo mit Daria Zernova (Querflöte) und Sofia Syliaieva (Gitarre), der aus Lemberg stammenden Opernsängerin Olena Romaniv sowie vom deutsch-ukrainischen Projekt-Chor „Sing for Peace“ unter der Leitung von Alexander Franz. Durch die Veranstaltung führt die Moderatorin Petra Bassus.