Vor wenigen Tagen haben Magistrat und Stadtverordnetenversammlung der Wissenschaftsstadt Darmstadt das Rahmenkonzept des Schulentwicklungplanes für die Beruflichen Schulen der Stadt bis 2012 beschlossen. In diese Planung wurde nicht nur die Analyse der aktuellen räumlichen und organisatorischen Rahmenbedingungen der Berufschulen integriert, sondern es wurden auch Konsequenzen aus Prognosedaten zur Zukunftsentwicklung des Sektors gezogen.
Im Rahmenkonzept sind folgende Eckpfeiler festgehalten:
- Die aktuell sechs Beruflichen Schulen der Stadt werden an zwei Hauptstandorten in Darmstadt konzentriert. Der Standort Bürgerpark Nord bildet das zukünftige Berufsschulzentrum Nord, an der Mornewegstraße entsteht das Berufsschulzentrum Mitte. Innerhalb der Zentren bleiben identitätsstiftende Organisationseinheiten erhalten. Der Standort Bürgerpark Nord wird sich auf Ausbildungsberufe zur personenbezogenen Dienstleistung im medizinisch, technisch, pflegerischen Bereich sowie auf Dienstleistungen im Bereich Wirtschaft, Verwaltung und Gesundheit konzentrieren. Weiterhin verbleibt dort der Schwerpunkt für Elektro- und IT-Berufe und das Berufliche Gymnasium. Das Berufsschulzentrum Mitte konzentriert die Bereiche der gewerblich-technischen und gestalterischen Dienstleistungen sowie Ernährung und Naturwissenschaften. Alle weiteren Dependancen werden – mit Ausnahme des Kleintechnikums der Peter-Behrens-Schule in der Martin-Buber-Straße – aufgelöst.
- An beiden neuen Berufsschulzentren werden bauliche Erweiterungen notwendig, die in die mittelfristige Investitionsplanung der Stadt aufgenommen werden. Frei werdende Dependancen und Hauptstellen sind im Anschluss an die Erweiterungsbauten zur Refinanzierung vorgesehen.
- Der Standort für Agrarwirtschaft und Floristik der Peter-Behrens-Schule wird räumlich und organisatorisch nach Dieburg an die Landrat-Gruber-Schule verlagert. Dort bestehen günstige räumliche Rahmenbedingungen zur Errichtung des gewünschten Gewächshauses sowie für etwa notwendige bauliche Erweiterungen.
Weiterhin ist im Rahmen einer gemeinsamen regionalen Schulenentwicklungsplanung darauf zu achten, dass eine räumlich und personell möglichst ausgeglichene Auslastung vorhandener Schulen gewährleistet ist, was durch die geplante Verlegung erreicht werden kann.
Bis zum Ende der Maßnahmen sind rund 40 Millionen Euro an Investitionen kalkuliert.
Hintergrund des Rahmenkonzeptes sind die gravierenden Veränderungen in der beruflichen Bildung. Zwar haben Darmstadt und die Region bisher eine gesunde Wirtschaftsstruktur, die den neuen Anforderungen der globalisierten Ökonomie gut entspricht, dennoch sinkt in den letzten Jahren das Ausbildungsangebot der Betriebe kontinuierlich. Seit 1990 verringerte sich die Zahl der Auszubildenden allein im technisch-kaufmännischen Bereich um 14,3 Prozent, im gewerblichen Sektor sogar um ein Drittel. Gleichzeitig stieg die Zahl der Schülerinnen und Schüler stark an, die keine Lehrstelle gefunden haben und damit der Vollzeit-Schulpflicht unterliegen. Auch der Anteil an Jugendlichen, die von Pädagogen als "schwierige Klientel" eingestuft werden, wächst seit Jahren, und damit steigt auch der Bedarf an Schulsozialarbeit und Jugendberufshilfe. Bei den Ausbildungsangeboten ist zudem eine starke Tendenz zur Ausdifferenzierung und damit zur Schaffung neuer Ausbildungsberufe auszumachen. Dies macht eine Erweiterung und Vernetzung des Unterrichtsangebots, erweiterte Räumlichkeiten und neue Klassenstrukturen notwendig.
Aktuell besuchen 11.640 Schüler die Darmstädter Berufsschulen, für die 450 Lehrerstellen ( 480 = Soll) bereit stehen. Es gibt insgesamt 407 Teilzeitklassen für Jugendliche in der Berufsausbildung und 142 Vollzeitklassen für Schülerinnen und Schüler außerhalb des dualen Systems. Entgegen dem allgemeinen Trend sinkt die Auslastung der Friedrich-List-im Vollzeitbereich Schule stetig, während sie im Teilzeitbereich über Jahre angestiegen ist. Durch den allgemeinen Anstieg der Vollzeitklassen zusätzlich zum Anwachsen der Gesamtschülerzahl erhöht sich an den Berufsschulen der Raumbedarf: Im Schuljahr 2005/2006 fehlen nach einer verallgemeinernden Formel ( 6 m² pro täglich anwesendem Schüler) an allen sechs Schulen zusammen rund 6500 m², die zur Zeit so gut wie möglich in den derzeit genutzten Dependancen aufgefangen werden.
Schuldezernentin Daniela Wagner sieht in der Konzentration der Beruflichen Schulen an zwei Standorten in Darmstadt die Lösung mehrer Zielkonflikte: "Die Bildung zweier Berufsschulzentren macht es möglich, flexibel auf Veränderungen bei Bedarf und Angebot auf dem Feld der beruflichen Bildung zu reagieren, Investitionen zielgerichtet und konzentriert auszurichten." Zudem ließen sich an den beiden neuen Berufsschulzentren inhaltliche Synergien erreichen, die in der aktuellen, räumlich zersplitterten Situation der Darmstädter Berufsschulen kaum zu realisieren seien. Wagner betont gleichzeitig die gute Zusammenarbeit von Schulen, Schulträgern, Staatlichem Schulamt und städtischen Ämtern: " Es ist außergewöhnlich, wie gezielt an diesem Projekt gemeinsam gearbeitet wurde. Wir werden das Rahmenkonzept zum Schulentwicklungsplan Berufliche Schulen heute dem Hessischen Kultusministerium zur Zustimmung vorgelegen und hoffen auf eine positive Entscheidung. Die Umsetzung unseres Konzepts ist für alle Beteiligten die Zukunftschance der Beruflichen Bildung in Darmstadt."