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Welterbe Mathildenhöhe
Die Darmstädter Mathildenhöhe ist UNESCO-Welterbe. Die Urkunde, in der das Welterbe-Komitee der Kulturorganisation der Vereinten Nationen diese Anerkennung bestätigt, ist am heutigen Mittwoch, 31. Mai 2023, der Wissenschaftsstadt Darmstadt überreicht worden. Friederike Hansell als Vertreterin des Auswärtigen Amts übergab das Dokument im Haus der Geschichte an Oberbürgermeister Jochen Partsch. Der Welterbestatus war der Mathildenhöhe am 24. Juli 2021 zuerkannt worden; der Prozess um die Aufnahme ins Welterbe hat nunmehr seinen offiziellen Abschluss gefunden.
„Die Überreichung der Urkunde ist der formale Höhepunkt eines für Darmstadt historischen Kraftaktes. Mit dieser Urkunde wird die Feststellung der einzigartigen künstlerischen und historischen Bedeutung der Mathildenhöhe besiegelt – diese Bedeutung ist es, die ihre Anerkennung als Welterbe begründet“, erklärte Oberbürgermeister Partsch. „Besiegelt wird mit dieser Urkunde zugleich unsere Verpflichtung, die Mathildenhöhe in ihrer Gesamtheit wie in ihren einzelnen Bauten, Anlagen und Kunstwerken zu bewahren und weiterzuentwickeln – gemäß den vom UNESCO-Welterbekomitee festgelegten Anforderungen. Das geschieht bereits in großen Schritten – so werden in Kürze die nach höchsten technischen und denkmalpflegerischen Standards sanierten Ausstellungshallen wiedereröffnet; dasselbe gilt für das Große Glückerthaus und das bereits wieder genutzte Haus Olbrich. Der Platanenhain wird in seiner gärtnerischen und künstlerischen Struktur gerade komplettiert und für die kommenden Jahrzehnte fitgemacht. Und schließlich sind Ort und Gestalt des neuen Besucherzentrums beschlossen, dessen Bau demnächst am Osthang beginnt.“
Angela Dorn, Hessische Ministerin für Wissenschaft und Kunst, beglückwünschte die Wissenschaftsstadt Darmstadt anlässlich der Überreichung der UNESCO-Welterbe-Urkunde: „Mit der ,Mathildenhöhe Darmstadt‘ darf sich Hessen über seine siebte Welterbestätte freuen. Von der Mathildenhöhe gingen wegweisende Impulse aus: Kunst und Leben sollten zusammengeführt werden. Der Aufbruch in die Moderne zeigt sich beispielsweise an der innovativen Architektur, an der neuen Raumkunst und dem zukunftsweisenden Design. Bis heute vereinigt das Ensemble mit seinen Bauten, Gartenanlagen und Kunstwerken das neuartige, künstlerische Programm der Reformansätze. Ich gratuliere allen Beteiligten und danke ihnen für ihr langjähriges, herausragendes Engagement."
Die Künstlerkolonie Mathildenhöhe war 1899 von Großherzog Ernst Ludwig von Hessen und bei Rhein einberufen worden. Zwei Jahre später, 1901, zeigten die zunächst sieben Künstler auf der Mathildenhöhe ihre erste Ausstellung „Ein Dokument Deutscher Kunst“, die auch als erste Bauausstellung der Welt gilt. In ihrem Mittelpunkt stand – neben einzelnen Künstlerhäusern – das von Joseph Maria Olbrich entworfene Ateliergebäude, das heutige Ernst-Ludwig-Haus (Museum Künstlerkolonie). Weitere Ausstellungen folgten 1904, 1908 und 1914. 1908 wurden die zentralen Ausstellungshallen mit dem Hochzeitsturm errichtet, seitdem das unübersehbare Wahrzeichen Darmstadts – beide ebenfalls geplant von Olbrich.
1944 wurden große Teile der Anlage kriegsbedingt zerstört, später zum Teil verändert und vereinfacht wieder aufgebaut. Mit der 75-Jahr-Jubiläumsausstellung auf der Mathildenhöhe begann 1976 die Wiederentdeckung des Jugendstils als internationaler Kunstrichtung, nunmehr mit verstärktem Augenmerk auch auf die politischen und gesellschaftlichen Tendenzen der Epoche unter dem Stichwort „Lebensreform“ und „Aufbruch in die Moderne“.
Der heutigen Übergabe der UNESCO-Urkunde ist ein beinahe ein Jahrzehnt lang währender intensiver Prozess vorangegangen – seit 2015 begleitet vom mit international renommierten Experten besetzten Advisory Board -, der 2018 in die Abgabe der Bewerbungsunterlagen zur Anerkennung der Mathildenhöhe als Welterbe mündete.
Die Welterbeliste der UNESCO ist das bedeutendste Instrument der Völkergemeinschaft zum Schutz ihres kulturellen und natürlichen Erbes. Über die Aufnahme entscheidet das Welterbekomitee in der Regel einmal pro Jahr. Voraussetzung ist, dass der entsprechende Vertragsstaat sie nominiert. Die „Künstlerkolonie Mathildenhöhe Darmstadt“ war 2014 von der Kultusministerkonferenz auf die Tentativliste künftiger Nominierungen eingetragen worden.
Sieben Welterbestätten liegen in Hessen: Neben der Darmstädter Mathildenhöhe das „Kloster Lorsch“ (1991), die „Grube Messel“ als erstes Weltnaturerbe Deutschlands (1995), das „Obere Mittelrheintal“ (2002), die „Grenzen des Römischen Reichs“ – Obergermanisch-Raetischer Limes (2005), die „Alten Buchenwälder und Buchenurwälder der Karpaten und anderer Regionen Europas“ – Kellerwald-Edersee (2011) und der „Bergpark Wilhelmshöhe“ (2013). In Deutschland gibt es insgesamt 51 Welterbestätten.