Gedenken an Carlo Mierendorff anlässlich seines 125. Geburtstages

(PSD)

Kranzniederlegung am 24. März auf dem Waldfriedhof

Waldfriedhof Darmstadt © Sibel Öz

Im Gedenken an Carlo Mierendorff wird Bürgermeisterin Barbara Akdeniz anlässlich seines 125. Geburtstages am Donnerstag, 24. März, um 15.30 Uhr auf dem Waldfriedhof an der Grabstätte einen Kranz niederlegen. Bürgerinnen und Bürger wie auch Medienvertreterinnen und –vertreter sind herzlich eingeladen. 

„Carlo Mierendorff hat Zeit seines Lebens gegen politische Strukturen der Ausgrenzung, Diskriminierung und Demokratiefeindlichkeit gekämpft“, hebt Oberbürgermeister und Kulturdezernent Jochen Partsch die Bedeutung Mierendorffs hervor. „Im September 1930 wurde er als jüngstes Mitglied seiner Partei in den Reichstag gewählt und veröffentlichte gemeinsam mit Wilhelm Leuschner 1931 die so genannten ,Boxheimer Dokumente‘, die den demokratiefeindlichen Charakter der NSDAP belegten. Damit machte er sich endgültig zum Feind des Nationalsozialismus. Trotz der Konsequenzen, die sich daraus für ihn ergaben, verlor er nie den Mut und Anstand für Freiheit, Demokratie und Gerechtigkeit zu kämpfen. Anlässlich seines Geburtstages erinnern wir nun an diesen außergewöhnlichen Mann, der uns auch heute immer wieder Beispiel und Vorbild sein sollte“, so Partsch.

Carlo Mierendorff wurde am 24. März 1897 als zweiter Sohn des Textilgroßhändlers Georg Mierendorff und dessen Ehefrau Charlotte in Großenhain geboren. Im Jahre 1907 zog die Familie nach Darmstadt. Carlo Mierendorff besuchte mit seinem lebenslangen Freund Theodor Haubach das Ludwig-Georgs-Gymnasium und nahm an Aktivitäten der Wandervogelbewegung teil. 

Zwei Tage nach abgelegtem Notabitur meldete er sich Anfang August 1914 freiwillig zur Teilnahme am Ersten Weltkrieg in einer Darmstädter Kaserne. 

Nach der Schlacht um Lódz (Polen) erhielt er im Dezember 1914 das Eiserne Kreuz II. Klasse. 
Nach einem Genesungsaufenthalt in Heidelberg kämpfte er an der Westfront wofür er von Kaiser Wilhelm II. mit dem Eisernen Kreuz I. Klasse ausgezeichnet wurde. Sein älterer und einziger Bruder Wilhelm fiel als Oberleutnant im Jahr 1917 in Frankreich. 

Noch als Soldat im Genesungsurlaub schrieb sich Mierendorff im Mai 1916 in Heidelberg als Student ein. Kriegsbedingt studierte er später ab dem Wintersemester 1918/1919 zunächst Jura in Frankfurt am Main. Es folgten Studienaufenthalte zu Staatswissenschaft, Volkswirtschaft und Soziologie in Heidelberg und Freiburg im Breisgau bis er schließlich 1922 sein Studium mit einer Dissertationsarbeit zu ,Die Wirtschaftspolitik der Kommunistischen Partei Deutschlands‘ beendete. 

Während dieser Zeit war Mierendorff gemeinsam mit Carl Zuckmayer in sozialistischen und republikanischen Studentengruppen aktiv, seit 1920 war er Mitglied der SPD.

Noch während seiner Zeit an der Front und im Lazarett entstanden die Novelle ,Der Gnom‘ und die Erzählung ,Lothringer Herbst‘. Anfang 1919 erschien das erste Heft der von Mierendorff gegründeten Zeitschrift ,Das Tribunal. Hessische Radikale Blätter‘. 

In den folgenden Jahren arbeitete Mierendorff als wirtschaftswissenschaftlicher Sekretär beim Deutschen Transportarbeiterverband in Berlin. Im Februar 1926 wurde er Zweiter Sekretär der SPD-Reichstagsfraktion. Als Wehrexperte wurde er in die SPD-Reichswehrkommission gewählt, in der er gemeinsam mit den Freunden Theodor Haubach und Julius Leber an programmatischen Positionen der SPD feilte.

In einer Reichstagsrede griff er Joseph Goebbels persönlich an. Nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten musste Mierendorff untertauchen. Im Juni 1933 wurde er schließlich in Frankfurt verhaftet, nach Darmstadt gebracht und von der SS durch die Straßen der Stadt getrieben. Im Januar 1938 wurde er nach Haft in verschiedenen Konzentrationslagern in Berlin entlassen. Er musste bescheinigen, dass er sich jeder politischen Betätigung enthalten wird.

1939 erhielt er eine Anstellung bei der Braunkohle-Benzin AG (BRABAG), wo er weiter unter Kontrolle stand. Trotzdem konnte er alte Verbindungen zum Widerstand wieder aufnehmen und wurde bald neben seinem Freund und früheren Chef Leuschner zu einem der wichtigsten Anführer eines Antinazistischen Netzwerks mit reichsweiter Ausdehnung. Er fungierte im ,Kreisauer Kreis‘ als Bindeglied zwischen dem sozialdemokratischen Widerstand um Leuschner und Julius Leber sowie der bürgerlich-zivilen und dem militärischen Oppositionskreis.

Carlo Mierendorff wurde am 4. Dezember 1943 bei einem Luftangriff auf Leipzig verschüttet und mehrere Tage später tot aufgefunden. Sein Leichnam wurde nach Darmstadt überführt und im Grab der Eltern auf dem Waldfriedhof beigesetzt. Die Trauerrede hielt sein Freund Theodor Haubach. 

Auf dem Waldfriedhof in Darmstadt erinnert ein Ehrenmal an Carlo Mierendorff, in Darmstadt-Eberstadt trägt eine Straße und in Griesheim eine Grundschule seinen Namen.