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Antwort auf Große Anfrage: Sozialdezernentin Akdeniz erläutert lokale Umsetzung der „Istanbul“-Konvention und Herausforderungen beim Gewaltschutz in der Corona-Pandemie

(DK) – Freitag, 26.02.2021

„Werden die künftigen Schritte zum Schutz von Frauen, Mädchen und Jungen vor häuslicher und sexualisierter Gewalt unter Beteiligung der lokalen Expertinnen aus dem Netzwerk Gewaltschutz weiter vorantreiben“

© Pixabay

In der Antwort auf eine Große Anfrage der SPD-Stadtverordnetenfraktion hat die Frauendezernentin der Wissenschaftsstadt Darmstadt, Barbara Akdeniz, erneut bekräftigt, dass das Thema „Null Toleranz gegen Gewalt an Frauen und Mädchen“ in Darmstadt oberste Priorität hat und in Umsetzung des Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt, der so genannten „Istanbul-Konvention“ (IK) strukturiert und modellhaft bearbeitet wird.

„Mit dem pro-aktiv entwickelten „Darmstädter Modell“ ist die Wissenschaftsstadt Darmstadt mit der lokalen Umsetzung der Konvention sehr gut vorangeschritten und gilt bundesweit als Best Practice“, betont Frauendezernentin Barbara Akdeniz
Sie erläutert weiter: „Wie eine Dunkelfeld-Berechnung für Darmstadt ergeben hat, erreichen die Angebote des Schutz- und Hilfesystems auch in Darmstadt den bundesweiten Schnitt von 12 Prozent der Betroffenen. Ein großes Augenmerk wird deshalb auch zukünftig darauf liegen, dass noch mehr derjenigen, die auf externe Unterstützung angewiesen sind, das Hilfesystem erreichen.“
In Darmstadt wird der Bereich Datensammlung, Statistik und Monitoring gemäß Artikel 11 IK als eine wichtige Aufgabe der neu geschaffenen Koordinierungsstelle gemäß Artikel 10 IK als Grundlage aller weiteren Maßnahmen behandelt.

„Grundlage für eine zielgerichtete Ansprache von Betroffenen ist eine gute Datenbasis. Der nächste Schritt nach der Berechnung der Dunkelfeldzahlen liegt deshalb nun in der Entwicklung eines guten Monitoring-Systems für Darmstadt. Dieses werden wir, auf der Grundlage des im Frühjahr zu erwartenden Berichtes, der von der Bundesregierung beim Deutschen Institut für Menschenrechte in Auftrag gegeben wurde, 2021 in einem Fachtag mit dem „Netzwerk Gewaltschutz - Prävention und Schutz gegen häusliche und sexualisierte Gewalt an Frauen, Mädchen und Jungen in der Wissenschaftsstadt Darmstadt und dem Landkreis Darmstadt-Dieburg“ entwickeln,“ so Akdeniz weiter. „Das Frauenbüro der Wissenschaftsstadt Darmstadt spielt hierbei eine sehr wichtige koordinierende Rolle.“

Vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie hat sich das lokale Schutz- und Unterstützungssystem im Netzwerk Gewaltschutz als tragfähig erwiesen: Im ersten Lockdown im März 2020 war die Beratungsnachfrage bei der Fachberatungsstelle des Frauenhauses zunächst deutlich verringert, stieg dann jedoch seit Ende April wieder stetig an. Ab der Jahresmitte kamen vermehrt Anfragen von Frauen, die heftige Gewalterfahrungen gemacht haben. In allen Fällen bestand die Gewalt bereits zuvor, hatte sich während des Lockdowns jedoch verstärkt. Mit dem zweiten Lockdown im November ging die Zahl der Anfragen für eine persönliche Beratung erneut zurück. Die proaktiven Meldungen durch die Polizei lagen in vergleichbarer Höhe wie in den Vorjahren. Es wurden verstärkt Wegweisungen gegen die Täter ausgesprochen. Die Anzahl der wegen häuslicher Gewalt beratenen Frauen entspricht der des Vorjahres. 

Während die Zahl der Notrufe in Bezug auf sexualisierte Gewalt im Jahr 2020 bei der pro familia auf dem Vorjahresniveau lag, stieg die Zahl der Beratungskontakte von Mädchen und Frauen, die bereits vor der Pandemie in Beratung waren, aufgrund von persönlichen Krisen um etwa 30 Prozent an. Mehrbelastungen der Familien durch Homeschooling und Homeoffice, fehlende Kontakte der Kinder zu Gleichaltrigen, die Entwicklung von Versagensängsten und Probleme bei den Umsetzungskontakten beim Betreuten Umgang führten beim Kinderschutzbund zu einer erhöhten Beratungsnachfrage. Auch Määnder beriet 2020 zu Themen Ehrgewalt, Zwangsheirat, Konflikte in der Herkunftsfamilie aufgrund unterschiedlicher Vorstellungen wie junge Frauen leben sollten.

Im Bereich der Präventionsprojekte gegen sexuelle Misshandlungen von Kindern führen Träger wie z.B. Wildwasser, pro familia und Mäander bereits seit vielen Jahren zielgerichtete Präventionsprojekte durch und bilden Multiplikatorinnen und Multiplikatoren aus. Der Städtische Sozialdienst im Jugendamt entwickelt aktuell trotz Pandemie-Bedingungen in enger Zusammenarbeit mit dem Deutschen Kinderschutzbund ein neues Projekt an Schulen für Mädchen und Jungen der Jahrgangsstufe 4 bis 6. Stadträtin Akdeniz bekräftigt: „Wir werden auf der Basis unserer umfangreichen Magistratsvorlage zur Bestandsbewertung und den Handlungsempfehlungen zur lokalen Umsetzung der Istanbul-Konvention die wichtigen künftigen Schritte zum Schutz von Frauen, Mädchen und Jungen vor häuslicher und sexualisierter Gewalt weiterhin unter Beteiligung der lokalen Expertinnen und Experten aus dem Netzwerk Gewaltschutz vorantreiben. Am 22. Februar 2021 wurde im ersten Plenum des Jahres 2021 des lokalen Netzwerks Gewaltschutz für die städtische Seite diese umfangreiche Bestandsbewertung des lokalen Hilfesystems und die Handlungsempfehlungen zur lokalen Umsetzung der "Istanbul-Konvention" präsentiert. Damit geht die Beteiligung der Expertinnen und Experten nun in die nächste Runde: Bis zum nächsten Plenum im September sollen auf der Grundlage der Ergebnisse konkrete Maßnahmen entwickelt werden, die in den 2. Gleichstellungsaktionsplan der Wissenschaftsstadt Darmstadt zur Europäischen Gleichstellungscharta einmünden werden.“

Hintergrund zur sog. Dunkelfeldberechnung

Im Rahmen der lokalen Umsetzung des Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt, die sogenannte "Istanbul-Konvention" (IK), wurde basierend auf den Erkenntnissen aus wissenschaftlichen Studien bereits im Jahr 2019 durch das Frauenbüro eine Dunkelfeldberechnung für die Wissenschaftsstadt Darmstadt als Grundlage für die weitere Umsetzung der Istanbul-Konvention erstellt:
Nach den Sonderauswertungen des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) kann davon ausgegangen werden, dass von der weiblichen Darmstädter Bevölkerung ab 16 Jahren mindestens 22 Prozent beziehungsweise 25 Prozent, und somit jede vierte bis fünfte Frau, von körperlicher und/oder sexueller Gewalt durch einen aktuellen und/oder früheren Partner, betroffen war oder ist. Dies dürften somit hochgerechnet etwa 14.944 bis 16.981 Frauen in Darmstadt, die in einer Partnerschaft leben oder lebten, betreffen. Betrachtet man Formen psychischer Gewalt durch einen aktuellen und/oder früheren Partner, könnten sogar 50 Prozent  und somit 33.963 Frauen von dieser Gewaltform betroffen sein, wobei hier auch leichtere Formen psychischer Gewalt integriert sind, die zwar nicht tolerierbar sind, möglicherweise aber weder für das Unterstützungssystem noch für die polizeiliche Intervention eine große Relevanz haben.

Zieht man nur die Daten aktueller Partnerschaften für die 16- bis 60-jährigen Frauen in Darmstadt heran und betrachtet Muster von schwerer Gewalt in Paarbeziehungen, dann wären mit 6 Prozent insgesamt 2.937 Frauen in Darmstadt von Mustern schwerer körperlicher/sexueller/psychischer Misshandlung und weitere 11 Prozent also 5.384 Frauen, von Mustern erhöhter psychischer Gewalt (ohne andere Gewaltformen) durch den aktuellen Partner betroffen. Demnach sind oder waren, je nachdem welches Maß man ansetzt 2.937 bis 8.321 Frauen von Misshandlungen durch den aktuellen Partner betroffen.
Wird akute körperliche und/oder sexuelle Partnergewalt in den letzten 12 Monaten betrachtet und mit den o.g. Daten davon ausgegangen, dass davon 3 Prozent der weiblichen Bevölkerung ab 16 Jahren betroffen ist, kann für Darmstadt hochgerechnet von 2.038 betroffenen Frauen ausgegangen werden, bei 64 Prozent davon (1.366 Frauen) könnte es sich um Betroffene von Partnergewalt mit Verletzungsfolgen handeln.

Laut BMFSFJ-Studie suchen etwa 12 Prozent der von Partnergewalt betroffenen Frauen nach dem einzigen/schlimmsten Vorfall professionelle Hilfe unterschiedlicher Art auf, das wären für Darmstadt hochgerechnet 245 Frauen, wobei hier auch über das spezialisierte Hilfesystem hinausgehende Einrichtungen angesprochen werden können. Der aktuellen FRA-Studie von 2014  nach suchen nach dem schwerwiegendsten Vorfall von Partnergewalt 3 Prozent der Betroffenen in Deutschland ein Frauenhaus auf (hochgerechnet für Darmstadt wären das 62 Frauen) und 3 Prozent eine Opfer- bzw. Frauenhilfsorganisation (hochgerechnet für Darmstadt wären das jährlich ebenfalls 62 Frauen), wobei es hier auch Überschneidungen geben kann. 

Die Bestandsbewertung und die Handlungsempfehlungen sind hier zu finden:

https://www.darmstadt.de/fileadmin/PDF-Rubriken/Gewaltschutz/Bericht_Bestandsbewertung_und_Handlungsempfehlungen_zur_IK.pdf

 

Wichtige Mitteilung
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