zumBuch des Monats April 2023 wurde
Georg Klein "Im Bienenlicht"
gewählt, erschienen im Rowohlt Verlag, ISBN 978-3498003050 , Preis EUR 23,25.
Vom Theater trennt das „Bienenlicht“ nur ein Umlaut. Georg Klein, dem Schriftsteller als Rätselsteller, sind seine neuen Erzählungen, die er unterm Titel „Im Bienenlicht“ kompositorisch ordnet, durchaus die Magie des fehlenden Umlauts wert: Sein Bienenlicht nämlich ist eigentlich ein Bühnenlicht. Es leuchtet als Geheimnisspotlight sozusagen über zwei Akten. Im einen, „Wachs“ betitelt, zeigt er, was im Bühnenlicht an Absonderlichem wachsartig zwischen Sein und Schein zu formen und zu machen und zu gestalten ist, zum Beispiel ein Gespenst oder die Leibwächter einer Kanzlerin oder einen Tätowierungsterroristen als einen republikweit Bäuche und Häute in Kritzelstechhaft nehmenden „Bauchmann“. Im zweiten, „Honig“ genannt, zeigt er, was aus dem Geformten, Gemachten und Gestalteten herausgeschleudert, als Seim gesaugt und geschmeckt und genossen werden kann, zum Beispiel die Süße einer lustigen Witwe oder der Fruchtgeruch komischer Äpfel oder junge Pfauen in Aspik. Lauter alltägliche, aber je alltäglichere desto geheimnissattere und rätselstärkere Abenteuer von Figuren und Zeitgenossen, die samt und sonders auf Tauchgängen knapp unter die Oberflächen von allerbanalsten Normalitäten noch einmal erzählerisch Tollheitsluft holen. Bei Wein und Brot, einer Melodika, Autobahnkapellen, Rasenmäherreparaturen und – vor allem! – „Herzstürzen“. Immer abgelenkt und ins Abseitige geleitet von den unscheinbarsten Dingen und Zufällen. Und der Autor, „schreib das auf, Georg!“, alleweil mitten drin mit seinem Erzählhandwerkszeug und seiner Intelligenzschreibmusik. Ein größtgescheites Lesevergnügen.
Darmstädter Jury „Buch des Monats e.V.", Gerhard Stadelmaier
Buchempfehlungen aus Darmstadt
Seit 1952 trifft sich regelmäßig eine unabhängige Jury aus Schriftstellern, Journalisten und Literaturkritikern, um aus der Vielzahl der Neuerscheinungen ein Buch besonders hervorzuheben, dessen literarische Qualität es verdient, öffentliche Aufmerksamkeit zu erzeugen.
Institutionelle Basis für die ehrenamtliche Arbeit der Darmstädter Jury ist der Verein "Buch des Monats", der am 4. Oktober 1957 von den Gründungsmitgliedern und Juroren Editha Beckmann, Karl Friedrich Borée, Bernhard von Bretano, Kasimir Edschmid, Rudolf Goldschmidt, Ernst Johann, Heinz-Winfried Sabais, Hans-Joachim Sperr, Franz Thiess, Hermann Trog und Fritz Usinger nach fünfjähriger Jurytätigkeit ins Leben gerufen wurde. Mitglieder dieses Vereins sind außerdem weitere Autoren, auch Buchhändler, Verlage sowie literarische interessierte Personen.
Ihre Aufgabe sieht die Jury vor allem darin, belletristische Bücher auszuwählen, die eine besondere Aufmerksamkeit verdienen. Mit der Auszeichnung „Buch des Monats“ soll diesen Büchern zu einer größeren Verbreitung verholfen werden. Dabei fällt die Wahl nicht unbedingt auf literarische Bestseller. Es sind eher die stilleren Büchern, die den Juroren besonders auffallen. Manches Buch wird durch die Auszeichnung „Buch des Monats“ erst erfolgreich. Nicht Trends bestimmen das Votum, es ist allein die literarische Qualität. Die unterschiedlichsten Formen in der ganzen Breite des Genres – Erzählung, Roman, Lyrik, Reisebeschreibung, Essay, Tagebuch, Briefe und auch Memoiren – werden berücksichtigt.
Fast lückenlos ist die monatliche Auszeichnung seit Oktober 1952 verliehen worden, nur im Juli 1955 und im Juli 1956 gab es kein „Buch des Monats“.
In der Reihe „Darmstädter Schriften“, herausgegeben vom Kulturamt – Magistrat der Stadt Darmstadt sind bisher vier Publikationen zum Buch des Monats, Nr. 12 (1962), Nr. 15 (1965), Nr. 53 (1986) und Nr. 71 (1997), erschienen. In diesen Dokumentationen sind die bis 1997 ausgezeichneten Buchtitel festgehalten, Erläuterungen aus der Praxis der Jury sowie Einführungen zu ausgewählten Büchern und Leseproben, darüber hinaus auch die Biographien der Jurymitglieder nachzulesen.