"Für die weitverbreitete und zahlreiche Familie von Herff hat Balduin von Herff (Amerika) auf dem Alten Friedhof an der Nieder-Ramstädter Straße ein Erbbegräbnis errichten lassen, das nach fünfmonatiger Bauzeit seiner Fertigstellung entgegen geht. Dr.-Ing. R. J. van Taack-Trakanen hat die Entwürfe fertiggestellt und die Ausführung des Baues bis in alle Einzelheiten überwacht. Man kann sagen, daß sein Werk wohl gelungen ist. Das Mausoleum, das - wie es vom Bauherrn gewünscht wurde - in seinen Konturen an das Grabmal Theoderichs in Ravenna gemahnt, ist ein aus Hardtheimer grauem Muschelkalk - einem vorzüglichen und haltbaren Material - erbautes Denkmal, das den Toten der Herff‘schen Familie - zunächst sind insgesamt 41 Grabstätten bereitet - zur letzten Ruhe dienen soll. Sehr glücklich ist es gelungen, das Denkmal so zu errichten, daß die Aufgänge zu ihm jeweils nach den vier Alleen errichtet sind, in dessen Schnittpunkt es liegt. Die vorhandenen Lindenbäume sind erhalten geblieben und flankieren jeden der Eingänge, lockern dadurch das architektonische Bild etwas auf. Man merkt es dem Bauwerk an, daß bestes Material verwendet wurde. Das gibt ihm einen starken und beruhigenden Eindruck. Dieser Eindruck der Solidität wird verstärkt, wenn man die Art der Bauausführung, die bis in die kleinsten Einzelheiten sorgfältig und präzise ist, betrachtet. Viel darüber zu schreiben hieße, als Laie in die Sphäre den Architekten eingreifen. Nur der Verfugung der einzelnen Muschelkalkblöcke sei gedacht, die nicht glatt aneinander verkittet wurden, sondern die ineinander verzahnt wurden in der Art des Schwalbenschwanzes, um den technischen Ausdruck zu gebrauchen. Das Bauwerk, dessen Höhe etwa 10, dessen Durchmesser etwa 8 Meter beträgt, mutet in seiner Formklarheit und schlichten Schlichtheit (nicht mit der "neuen" zu verwechseln) fast wie modernisierter romanischer Baustil an. Sauber und gerade fügen sich über den einzelnen Eingängen am oberen Rand des runden Turmes die vier Skulpturen ein, die das Wappen der Familie - zwei Lilien und Rose - und in allegorischer Art Jugend, Reife und Alter darstellen. Weil sonst mit Ornamentik nur ganz sparsam gearbeitet wurde, wirken diese Darstellungen, in vertieften, der Türbreite entsprechenden Einkerbungen der äußeren Turmwand gelegen und gewissermaßen aus ihnen herauswachsend, belebend und notwendig. Das Innere entspricht dem Aeußeren. Auch hier Muschelkalk, der als Fußbelag marmorartig poliert ist. In der Runde die Grabstätten, Muschelkalkplatten mit Bronzeringen. Um das Innere führt in Höhe eines zweiten Stockwerkes ein Rundgang, der durch ein Bronzegitter, dessen einzelne Ausgestaltung und Ornamentik ebenfalls ruhig und schlicht-künstlerisch ist, nach der kreisrunden inneren Oeffnung, durch die man in die Gruft blickt, abgeschlossen ist. Das Ganze, auch in der Kuppel, die nach oben hin abschließt, ein klein wenig gemahnend an die Ruhestätte Napoleons, an den Dome des Invalides."
Darmstädter Tagblatt, 5. Oktober 1929. Eine (schlecht lesbare) Kopie des Artikels befindet sich im Denkmalarchiv.
Mausoleum von Herff
Alter Friedhof, Herdweg 107, III A 1
Das Mausoleum aus dem Jahre 1929 entwarf Architekt Professor Dr.-Ing. N. J. van Taak-Trakanen. Der zweigeschossige Rundbau gehört stilistisch zur Architektur des Expressionismus. Der Turm steht in einer symmetrischen, kleinen Gartenanlage, in der weitere Mitglieder der Familie beerdigt sind.
Der Eingang mit Bronzetür und Klopfer liegt zentral zum Friedhofseingang hin. Von hier aus wird die ebenerdige Grabkammer betreten. Jeweils seitlich führen zwei Treppen auf die umlaufende, äußere Galerie, die durch verglaste Türen von der inneren Galerie getrennt liegt. Der Zugang zur Grabkammer ist von oben nicht möglich, lediglich der Blick hinunter auf die mit Grabplatten verdeckten Gräber im Boden des Mausoleums. Das Mausoleum ist ein gemauerter Putzbau. Manche Fassadenteile bestehen aus Muschelkalk. Der Haupteingang wird von zwei Bäumen flankiert. Zu den besonderen Details gehören drei Reliefs (Ikonografie: Die drei Lebensalter des Menschen) am oberen Rand des Turmes jeweils über den Bronzetüren und Fenstern der Galerie. Sie stammen von dem damals in Paris lebenden Bildhauer Johannes Ilmari. Signatur: “Ilmari Paris 1929”. Das Mausoleum ist als Kulturdenkmal nach § 2 Absatz 1 Hessisches Denkmalschutzgesetz aus künstlerischen Gründen in das Denkmalverzeichnis des Landes Hessen eingetragen. Siehe: DenkXweb
Der Architekt: Prof. Dr. Ing. N. J. van Taak-Trakanen
Viel mehr als ein paar nüchterne Daten sind über den Architekten (noch) nicht bekannt: 20. Juni 1898 Berlin - 2. Oktober 1971 Freiburg, um 1930 Leiter der Fachklasse für Innenarchitektur an der Badischen Landeskunstschule Karlsruhe. Zur Quelle
Aus einem Schreiben an Ministerialdirektor Dr. Ott vom 19. Januar 1946 ist zudem wenig Biografisches überliefert: “Vielleicht erinnern Sie sich meines Namens aus der Zeit, da ich Professor an der Badischen Landeskunstschule in Karlsruhe war? (…) 33 wurde ich von der NS Regierung entlassen und arbeitete seitdem als selbständiger Architekt.” Zur Quelle
Weiterführende Informationen
in: Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten, Mai 1930. Den Aufsatz finden Sie digital in der Universitätsbibliothek Heidelberg
Präsentation eines digitalen Forschungsprojekts im Rahmen der Dachsanierung des Mausoleums von Herff
Im Rahmen einer Pressekonferenz am 1. April 2025 hat Timo Vössing (Hochschule RheinMain) die Ergebnisse seiner Masterarbeit, eine digitale dreidimensionale Bauaufnahme des Mausoleums der Familie von Herff auf dem Alten Friedhof, vorgestellt. Zur Pressemeldung